Satz oder Schatz?

Satz oder Schatz?

Satz oder Schatz?

Es wurde Zeit, wieder einen Hörtest zu machen, konnte ich doch auf die Erzählungen der Enkelinnen meist nur mit "Ja, ja" oder "So, so" reagieren, worauf sie laut und prompt insistierten: "Und was denkst du darüber?" Es wurde zunehmend schwieriger, eine Ausrede zu finden, ganz ähnlich wie bei den nicht gehörten oder nicht verstandenen Aufmunterungen der Liebsten- oder waren es gar keine Aufmunterungen? Der Akustiker prüfte zuerst die Hörgeräte, die ich nur noch selten getragen hatte: Mikrofon und Lautsprecher funktionieren nicht mehr, beidseitig. Die Lebensdauer haben sie längst überschritten. Tröstlich war, dass mich mein Eindruck nicht getäuscht hatte, die Hörgerate brächten keine Verbesserung. Hörgeräte der neuesten Generation sind wahre Wunderwerke der Mikrotechnik und Mikroelektronik, wurde mir gesagt. Die folgenden Audiotests interessierten mich als an Technik Interessierten auch vom physikalischen Standpunkt aus. Hören und Verstehen sind nämlich zwei ganz verschiedene Dinge. Zunächst wird mittels Tönen die sogenannte Hörschwelle ermittelt. Wie bei fast allen Menschen meiner Altersgruppe liegt auch bei mir die Hörschwelle für hohe Töne sehr hoch, was erklärt, dass ich die Engelsstimmen der Enkelinnen öfter nur als Säuseln wahrnehme. Ein Hörgerät soll aber nicht nur die Hörschwelle in bestimmten Bereichen senken, sondern auch das Verstehen verbessern: Ein "a" soll nicht als "o", ein "i" nicht als "e" verstanden werden. So galt es jetzt, gehörte einsilbige Wörter wiederzugeben: Schirm, Haus, Baum usw. war einfach. Dann kamen Zweifel auf: Sagte die Stimme Luft oder Lust, Tisch oder Fisch, Wal oder Mahl, Schwatz oder Schmatz, Satz oder Schatz?

Der Akustiker machte nach jeder Wortreihe einige Einstellungen, bis er meinte, jetzt sei die Fehlerquote deutlich kleiner geworden und programmierte die Hörgeräte entsprechend der Resultate von Frequenz, Klangfarbe, Vokal- und Konsonantenverständnis. Die neuen Hörgeräte sind genial, ich kann sie sogar auf bestimmte Hörumgebungen einstellen und Feinanpassungen selber vornehmen und: Ich brauche keine neue Brille, denn dank der Hörgerate muss ich meiner Liebsten die Wünsche nicht mehr von den Lippen ablesen.

Peter Abegglen